Ausstellungen


2023 – „find‘ ich gut“ Galerie am Markt Bruckmühl

Auszüge aus der Eröffnungsrede von Dr. Olena Balun am 5. Februar 2023 in der Ausstellung von Martin Fritzsche und Bernhard Bindl „Find‘ ich gut“ in der Galerie am Markt Bruckmühl

„Find ich gut!“ lautet der Titel und verrät schon einiges über die künstlerische Arbeitsweise. Beide Künstler arbeiten mit dem Vorgefundenen, mit alltäglichen Gegenständen, die nicht unbedingt sofort als kunstwürdig identifiziert werden. Es sind zufällig entdeckte, meist abgestellte oder weggeworfene, recht triviale Dinge.

Die Würde zur Kunst oder zum Material, aus der Kunst gemacht wird, erlangen diese Fundstücke erst durch die Wahl des Künstlers. So ähnlich definierte einst Andre Breton das sog. „objet trouvé“, den Begriff in der Kunstgeschichte, der vor allem mit der Person von Marcel Duchamp in Verbindung gebracht wird. Von Duchamp stammt die berühmte Arbeit „Der Brunnen“, die das Vorgefundene in den Mittelpunkt rückte. Es war eine Arbeit, die der Künstler nicht selbst fabriziert hat, dazu mit einem fremden Namen signiert. Die Arbeit löste eine wichtige Debatte über die Autorenschaft und Kunstwürdigkeit aus.

Damals mussten diese Grenzen aber erstmal erweitert und neu gesetzt werden. Heute erscheint die Arbeit mit dem Vorgefundenen kaum mehr als revolutionär, aber sie bietet nach wie vor ein großes Feld für Experimente.

Mit dem Titel „Finde ich gut“ – stellt sich vielleicht die Frage: Wie finden die beiden diese Dinge, die sie verarbeiten? Suchen sie danach?

Die meisten Gegenstände stammen entweder aus dem langjährigen privaten Besitz der Künstler und wurden plötzlich „neu“ entdeckt oder es sind zufällige Fundstücke. Das Prinzip des Zufalls ist entscheidend für die Arbeit mit objet trouvé – die Wahl des Objekts darf nicht erzwungen sein. Es geht immer um eine spontane Entdeckung oder Entscheidung sowie einen persönlichen Bezug des Künstlers dazu.

Dann stellt sich vielleicht die nächste Frage: Was fasziniert die Künstler an den alten Sachen, die im Müll hätten landen können? Es sind oft die besonderen Geschichten der Objekte. Und natürlich die ästhetische Qualität.

Bernhard Bindl nimmt alte Arbeitsflächen einer Küche oder Schubladenböden mit allen Löchern und Kratzern, mit allen Gebrauchsspuren. Den Objekten wird ihr altes Leben nicht aberkannt. Die Arbeit besteht darin, auf diese Form und Spuren zu reagieren und ihnen ein neues Leben in dem Kunstwerk zu geben. So setzt der Künstler hölzerne Teile alter Küchenoberflächen oder Werkbänke in Collagen und Assemblagen zusammen. Und obwohl dreidimensional, funktionieren diese Kompositionen nach den Gesetzen des Malerischen und des Grafischen.

Wir empfinden eine Komposition als harmonisch durch ein gelungenes Spannungsverhältnis ihrer Elemente: Linien und Farbe.

Die Linie, das wichtisgte grafische Mittel, ist ein essentielles Element in Bernhard Bindls Arbeit. Seine Linien sind oft dreidimensional, zum Beispiel in Form alter Verpackungsbänder, die der Künstler besonders gern als weit gereistes Material, das spannende Geschichten potenziert. Diese Bänder halten Bindls Kompositionen oft im mehrfachen Sinne zusammen. Sie definieren ihre lineate Struktur und erzeugen die besagte grafische Spannung. Und oft halten sie tatsächlich die einzelnen Bestandteile des Bildes zusammen, so dass bildnerische Mittel in Bildkonstruktion übergehen.

Optische Täuschung ist ein weiterer spannender Aspekt in Bernhard Bindls Arbeit. Er täuscht spielerisch vor. Eine Transparenz wird mit einem leichten Farbschleier suggeriert, kommt man näher, sieht man, dass der besagte Schleier ein gekonnter milchiger Farbauftrag auf Holz ist und alles viel härter und gar nicht so ephemer ist.

Transparenz, das Innen nach Außen kehren, ist oft Thema in Bernhards Arbeiten.

Das, was in der klassischen Leinwandmalerei oft bewusst verdeckt wird, bringt er vor die Augen der Betrachtenden. So wird bei einzelnen Arbeiten die Farbschicht teilweise mit einer Acrylscheibe abgedeckt und haftet dadurch auf der Oberfläche. Die Farbe wird somit zum Kleber. Die Klebschicht, die üblicherweise eine technische und keine gestalterische Funktion erfüllt, bleibt jedoch meistens verdeckt. Aber durch die glänzende Transparenz der Acrylscheibe wird sie erst richtig hervorgehoben. Die Pinselführung der Farbschicht, die an der Scheibe haftet, wirkt nicht mehr als klebendes Hilfsmittel, sondern als grafisches Motiv – die Linie, die bekannter Weise eine tragende Rolle in Bernhard Bindls Kompositionen erfüllt.

Viele Werke in dieser Ausstellung gehen inhaltlich auf kritische Themen ein.

Bernhard Bindls Arbeit „Bibione“ ist eine Collage, für die der Müll vom Strand in Italien das Material lieferte. Die Komposition sieht auf den ersten Blick schön und bunt aus, kommt man allerdings näher, sieht man, dass es lauter Verschlüsse und Plastikringe sind. Der idyllische Strand wird zur Müllhalde mit tödlichen Fallen für Meerestiere.

Der Wunsch nach dem Miteinander wurde zu einem wichtigen Leitmotiv in dieser Ausstellung. Die beiden Künstler kommunizieren und reagieren hier aufeinander, und es ist anzumerken, dass die Arbeiten nicht in Absprache miteinander entstanden sind. Martin Fritzsche zeigt Werke der letzten 30 Jahren und Bernhard Bindl der letzten 12. Dennoch bringen sie mühelos ihre Arbeiten in einen Dialog mit einer bemerkenswerter Bereitschaft sich aufeinander einzulassen.


2008 – “Er & Sie”  Galerie SMUC Rosenheim

Er“ und „Sie“ bilden eine Einheit, sind aber jedes für sich ein Individuum. Eine kleine Geschichte gehört dazu, die erzählt, dass diese bei den Tücher eine Erinnerung an eine einstige Lebensgemeinschaft sind. Mit Fotoverfremdungen im Spannungsfeld von „Er und Sie“ beschäftigt sich Bernhard Bindl derzeitig. So verwendet er Vergrößerungen von alltäglichen beziehungsweise belanglosen Urlaubsschnappschüssen, oft einfach fotografische Ausschussware. Auf dieses Umfeld klebt er Figuren von Menschen, die er aus Illustrierten ausschnitt, zum Beispiel Werbefotos. Dann wiederum werden diese Modelle herausgeschnitten. Das Foto ist gravierend verändert. An die Wand gepinnt, sind diese „Ausschnitte“ weiß wie eben diese Wand dahinter.

Das Öffentliche wurde ins Private transportiert, das Spiel von Hinzufügen und Wegnehmen hat das Bild verändert. Die Abwesenheit‘ von Bildteilen macht neugierig, regt an, Geschichten in der neuen Komposition zu entdecken. Die auf transparentes Papier gemalten Arbeiten haben eine besondere Leichtigkeit. Ebenfalls mit feinen Nägeln an der Wand befestigt, wird hier das Spielerische noch weitergeführt. Auf die ersten Pinselstriche, mit Ölfarbe auf das Papier gestrichen, folgt ein wohl überdachter spielerischer Eingriff. Das bemalte, transparente Papier wird teilweise umgeschlagen, die Vorder- zur Rückseite gemacht und umgekehrt. So verändern sich die Farben, weisen neue Nuancen auf. Überlagerungen ergänzen sich über die Transzendenz. Licht, Schatten und verschiedene Sichtweisen geben den Bildern eine Lebendigkeit, wie eine weitere Dimension. In ihrer Einfachheit sind alle Arbeiten sehr komplex. Ihre Inhalte eröffnen sich dem Besucher; der sich mit Muse auf sie einlässt.

Margit Jacobi, Im Spannungsfeld von „Er und Sie“,
Arbeiten von Bernhard Bindl in der Rosenheimer Galerie „Smuc Goldschmiede“


2004 – „ALL TAG“ im Kunstverein Rosenheim

Trotz ganz anderer Fokussierung befassen sich auch die Bilder von Bernhard Bindl, der vorgestern in der Münchner Akademie der Bildenden KÜnste den Manfred-Bischoff-Preis verliehen bekam, mit verschiedenen Bildebenen. Seine Arbeiten profilieren sich durch raffinierte Einfachheit, eine minimalistische Beschränkung auf die Grundkoordinaten der abstrakten Malerei. Dabei scheint er jedesmal eine kleine Versuchsanordnung an der Wand aufzubauen, mit Vorliebe malerische G~undlagenforschung zu betreiben und die interagierenden Komponenten des Bildes auf Malerei-Ebene zu reflektieren. Bindl macht die Malerei zum Thema der Malerei und hinterfragt in seinen Arbeiten Zusammenhänge, die bisher selbstverständlich erschienen. So bringt er mit der Geste einer unmittelbaren Zeichensetzung Ölfarbe in pastoser Dichte direkt auf der Wand an und klebt eine farblos-durchsichtige Acrylplatte darüber, wobei das transparente Rechteck alleine durch die Adhäsionskraft der Farbe gehalten wird. – Bei diesem künstlerischen Experiment wird das übliche Verhältnis von Wand, Bildträger und Malerei lustvoll auf den Kopf gestellt, werden traditionelle Gattungsmodi auf leichtfüßige Weise dekonstruiert. Letztendlich gelingt eine prägnante Parabel darauf, daß es sich bei einem Bild im

Grunde immer um eine Projektion handelt. Zwischen Wand und oberster Farbschicht entsteht bei Bernhard Bindl auf engsten Raum eine irritierende Räumlichkeit. Schichtungen und Farbüberlagerungen werden dabei im wahrsten Sinne des Wortes transparent, geheimnisvolle Effekte nachvollziehbar gemacht.

Sabine Dorothee Lehner, Auszug aus der Rede zur Ausstellung „ALL TAG“ im Kunstverein Rosenheim am 16. 01.04


2004 – Debutantenaustellung Akademie der bildenden Künste München

Die Arbeiten von Bernhard Bindl, die sich links und rechts an den Wänden des Eingangs reihen sind fast zu übersehen. In einer spröden reduzierten Formensprache thematisieren sie grundlegende Fragen der Malerei zur Bildgrenze und der Wirkung von Farbe. Bindls Arbeiten erschließen sich nicht schnell auf den ersten Blick, sondern fordern die gesamte Aufmerksamkeit und Konzentration des Betrachters. Es sind minimale Eingriffe die Bindl vornimmt, um das Verhältnis von Wand, Bildträger und Farbe zu erkunden. Bindl verfolgt diese Fragen mit großer Beharrlichkeit. Für sein Diplom ging er an die äußerste Grenze, in dem er seine zeichenhaften Setzungen direkt auf die Wand malte und auf der noch feuchten Farbe eine Plexiglasscheibe fixierte. Bildträger, Farbe und Bildgrund waren nicht mehr voneinander zu trennen. Sie bildeten eine Einheit. Bindl, der seit 1997 bei Jerry Zeniuk Malerei studierte, zuletzt als Meisterschüler, wurde für seine Werk mit dem Manfred-Bischoff- Preis ausgezeichnet. In der Ausstellung zeigt er eine Reihe von Arbeiten, die er auf eine semi-transparente Folie aus Kunststoff gemalt hat. Bindl experimentiert schon lange mit dieser Form des Bildträgers. Sie ermöglicht ihm beide Seiten zu bemalen und dadurch eine räumliche Tiefe zu erzeugen. Doch Illusionismus durch Anklänge von Gegenständlichkeit zu hervorzurufen, ist Bindl fremd. So legt er die Technik seines Farbauftrags durch Faltungen offen. Seine Arbeiten behaupten nicht mehr zu sein, als das, was sie sind: Bildträger und Farbe vor einer weißen Wand.

Cornelia Gockel, Auszug aus der Einführung zur Debütanten- Ausstellung am 14.01.04


2003 – Diplom Akademie der bildenden Künste München


2003 – mini salon

Mit sehr reduzierten Mitteln arbeitet Bemhard Bindl an grundlegenden Fragestellungen der Malerei. In der Regel verwendet er nicht mehr als zwei, drei Farben, die in langen geraden Strichen, aber mit erkennbar handwerklichem Duktus aufgetragen werden.

Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umgang Bindis mit den herkömmlichen Funktionen der Komponenten eines Bildes. Diese werden kritisch hinterfragt und frei umdisponiert. Dies führt zur Umkehrung dieser Funktionen. Eine Arbeit beispielsweise entsteht durch vier, einander kreuzweise auf die Wand aufgetragenen Farbwülste. Auf diese drückt er eine Glasscheibe, die zunächst durch Adhäsion, später durch die Klebekraft der Farbe an der Wand gehalten wird. Bildträger wird somit im buchstäblichen Sinne die Farbe. Das Glas mutiert zur Bildfläche, die allerdings nichts anderes zeigt als die dahinterliegende Farbe. Die grundlegende Annahme, dass durch Auftrag von Farbe auf einen Träger ein Gemälde entsteht wird hier obsolet. Überhaupt erhält Farbe in den Bildern des Künstlers tendenziell objekthaften Charakter und zeigt sich darin auch als ihr eigentliches Thema. Ihr freier Umgang mit dem, was üblicherweise als Grenzen des Bildes verstanden wird, verleiht dem Beieinander-Sein von Farbe und Träger etwas zwangloses und zufälliges und suggeriert eine materielle Autonomie der Farbe.

Darüber hinaus zeigt sich auch ein zeitliches Moment in den Arbeiten. Immer wieder finden sich transparente und semitransparente Schichtungen. Einerseits in den teils lasierend aufgetragenen Pinselstrichen, wie auch in speziellen Kunststofffolien, die unauffällig einmontiert werden. Somit ist häufig ein „zuvor“ in den Arbeiten gegenwärtig. Auch Prozesshaftes findet Eingang in seine Arbeiten. So sind Bilder entstanden, in denen Öl, bzw. Lösungsmittel langsam in trockene Farbschichten vordringt. Ein Vorgang der Wochen andauern kann, nachdem der Künstler das letzte mal Hand angelegt hat.

Bindls Arbeiten sind reale, absolute Arbeiten in dem Sinne, dass sie nichts repräsentieren außer sich selbst. Alles an Ihnen ist darauf angelegt, Malerei offen sichtbar zu machen. Doch trotz dieser Offensichtlichkeit verführen die Arbeiten immer wieder dazu, ihre Oberfläche, Wirkung und den mutmaßlichen Prozess ihrer Entstehung zu erforschen.

 Rudi Belter, zur Ausstellung im „mini salon“, Januar 2003


2002 – Gegenüber


2001 – „Gegen die Regeln“ Aspekte Gallerie im Gasteig München